Vorträge: „Solidarität in der Krise“ und „Solidarität nach Rorty“
Gleich bei mehreren Gelegenheiten vertieften die PhilosophInnen der „Praktiken der Solidarität“ ihre Solidaritätskonzepte noch weiter. Unter anderem referierten sie auf der VII. Tagung für praktische Philosophie am 26. und 27.09.2019 im Rahmen des selbst eingereichten Panels „Solidarität in der Krise“.
Karolin-Sophie Stüber referierte in „Denken ohne Geländer“ über ihr Solidaritätskonzept, das sich auf eine „Relektüre Hannah Arendts“ gründet. Solidarische Praktiken, argumentierte sie, zeichneten sich darüber aus, dass über sie neue, bis dahin unerkannte Probleme zunächst im „Besonderen“ thematisierten. Dadurch würden sie als „allgemeine“ Probleme sicht- und als politische Probleme bearbeitbar.
Alexander Heindl dachte in seinem Referat darüber nach, wie solidarische Praktiken neu bestimmt werden könnten – und unterzog sie einer eingehenden Kritik. Solidarische Praktiken müssten vor dem Hintergrund poststrukturalistischer Philosophie nicht per se ein weltoffen-pluralistisches „Gutes“ repräsentieren. Zwar seien sie wichtige Impulsgeber gesellschaftlichen Wandels. Jedoch wiesen sie keine bestimmte Richtung auf. Stattdessen und vielmehr würde durch sie das ‚Richtige‘ und ‚Gute‘ selbst ausverhandelt. Als Ansatzpunkte der Kritik könnten dabei, wie er unterstrich, interne, externe und immanente Kritik dienen.
Gemeinsam mit Michael Reder referierte Heindl auch kritisch über die „Solidarität nach Rorty“. Auf der Tagung „Richard Rorty als Herausforderung für die politische Philosophie“ (Tutzing) unterzogen sie Rortys Solidaritätskonzeption einer Kritik aus radikaldemokratischer Perspektive. Denn mit Rorty seien die Unterschiede zwischen uns vernachlässigbar „im Vergleich zu den Ähnlichkeiten im Hinblick auf Schmerz und Demütigung“. Das, „was als Schmerz zu bewerten“ sei, sei jedoch „selbst kontingent, also von jeweiligen sozialen Vorstellungen abhängig“ – und damit von den solidarischen Praktiken selbst.